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beyond korean non-sense

He Internet – gib mir mein Abenteuer zurück

Das Internet, Apps und Portale machen das Reisen zum Kinderspiel, und die Reiseplanung gleich mit dazu. Dass das nicht nur Vorteile haben würde, war ja klar.

Erst sucht man sich auf einem Hotelportal seiner Wahl eine charmante Bleibe, checkt dann auf Tripadvisor die Kommentare zur eben getroffenen Wahl – und bucht dann doch eine andere Unterkunft. Eine, die möglichst wenig (böse) Überraschungen verspricht.

Oder man durchforstet das Web nach passablen Vorschlägen für ein leckeres Abendessen in einer fremden Stadt, nur um dann vor zwei gleich grossen Haufen mit Verrissen und Lobreden zum gleichen Etablissement zu stehen. Der Gaumen der anderen lässt sich schlecht bewerten, also geht man auf Nummer sicher.

Nichts wird mehr dem Zufall überlassen. Für jede Sehenswürdigkeit, für jedes Guesthouse, für jede Bar gibt es zahlreiche Bewertungen in Apps und auf Websites, die uns allesamt weismachen wollen, uns sagen zu können, ob sich ein Besuch lohnt oder nicht. Wir fallen darauf rein und stehen am Rand der Verzweiflung, wenn uns keine der Option lohnend scheint. Wir versuchen, das Risiko von Enttäuschung und unerfüllten Träumen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und sperren uns in ein Gefängnis bereits erlebter Erfahrungen anderer. Langweilig.

Es ist ja nicht so, als wären wir früher immer ziellos ins Blaue gezogen und hätten uns von den Wundern der Welt überraschen lassen. Auch bei uns stapeln sich die Dumonts, Looses und Baedekers im Bücherregal – und zwar nicht nur solche aus dem Prä-Internet-Zeitalter. Trotzdem ist es heute anders. Heute mag der gedruckte Kultur-Reiseführer nach wie die erste Quelle sein, doch wird sie sogleich im Internet verifiziert. Man entwickelt zuweilen eine schier zwanghafte Unfreude am Risiko. Alles ist durchorganisiert, perfekt in Form gepresst, sicher und stressfrei – da kann (und darf) nichts schiefgehen.

Wir versuchen, das Risiko von Enttäuschung und unerfüllten Träumen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und sperren uns in ein Gefängnis bereits erlebter Erfahrungen anderer.

Das ist der Moment, in dem wir realisieren, dass wir uns von den Fesseln befreien und uns endlich wieder «Abenteuer» auf die Reisefahne schreiben sollten. Seien wir ehrlich: Das Internet hat uns in weiten Teilen des Abenteuers beraubt. Warum nicht einfach wieder mal losziehen und entdecken. Hey, was ist so schlecht daran, mal wieder ein richtig mieses Restaurant oder eine schäbige Garküche zu erwischen, sofern man anschliessend nicht im lokalen Spital aufwacht? Schätzt man das gute, saubere Hotelbett nicht umso mehr, wenn man im schäbigen Motel in der laotischen Pampa mal so richtig miefige Bettlacken erwischt hat? Als wir mal zwischen Hoi An und Da Nang die Tempelanlage My Son suchen wollten, aber jeder, den wir fragten, in eine andere Richtung zeigte, wurde das zum unnötigsten, längsten und lustigsten Motorradausflug seit langem. Die Tempelanlage haben wir irgendwann dann auch noch gefunden – und waren enttäuscht.

Unsere Arbeit für die association basmati bringt uns wenigstens hin und wieder unversehens in abenteuerliche Situationen, besonders wenn wir mit dem Auto im Norden von Laos unterwegs sind. Da endet eine Passstrasse schon mal abrupt an einer Schlamm- oder Gerölllawine oder vor einer Kuh und ihrem eben erst geborenen Kalb, welches sich kaum auf den Beinen halten kann und den Weg versperrt. Oder der Plattfuss im gebirgigen Hinterland von Vientiane. An sich nichts Besonderes, werden jetzt viele sagen. Aber versuchen Sie mal, auf einer abschüssigen, vom Regen aufgeweichten Schlammpiste ein gefühlt 50 Kilo schweres Rad an einem 2-Tonnen-SUV zu wechseln. Hätten wir Internetempfang gehabt, hätten wir wohl herausgefunden, dass nur 300 Meter weiter unten die Strasse asphaltiert war und das Reifenwechseln ein Klacks gewesen wäre.

Klar, schlechte Ferienerlebnisse braucht niemand. Drum geht man lieber auf Nummer sicher. Nur dass das Internet hier eben ein trügerischer Ratgeber sein kann. Letztes Jahr beispielsweise entschlossen wir uns, in Siem Reap nach einem Abstecher in ein gut situiertes Haus im Jahr zuvor wieder in unser «angestammtes» Hotel zu wechseln; schliesslich waren wir jahrelang zufrieden damit. Die Reviews auf Tripadvisor waren ebenso euphorisch wie unsere Erinnerung. Doch mit der aktuellen Entwicklung hatte beides nichts mehr zu tun. Das Hotel hatte sich in eine regelrechte Katastrophe verwandelt.

Bleiben wir fair: Das Internet eröffnet uns auch völlig neue Möglichkeiten, und manchmal sogar ein waschechtes Abenteur. Erfahrungs- und Reiseberichte von anderen Reisenden, Travel-Blogs und Austausch-Portale lassen uns neue Dinge entdecken, die so in keinem Reiseführer stehen. Die 14-Kilometer-Wanderung quer durch Hongkongs Nachbarinsel Lantau hätten wir ohne den Wanderblog im Netz niemals gefunden. Der Ausflug wurde aufgrund galoppierender Selbstüberschätzung zwar zum absoluten Desaster, inklusive verstauchter Knöchel und der panischen Angst, auf dieser eigentlich gut erschlossenen Insel fernab jeglicher Zivilisation im Nirgendwo zu verdursten und schliesslich zu verenden. Doch es war ein abenteuerliches Desaster. Wir hatten die grüne Hölle Lantau überlebt! Was für eine Geschichte.

Deshalb: Reisen sollte auch heute noch Mut und Bereitschaft zum Risiko erfordern. Das Unvorhergesehene, das Überraschende ist es doch schliesslich, wovon wir später die besten Geschichten erzählen. Das Internet hat uns dies in vielen Fällen genommen. Jetzt müssen wir hart dafür kämpfen (oft mit uns selber), dass es nicht gänzlich verloren geht.

Dieser Text erschien ursprünglich auf dem Reise- und Tourismus-News-Portal travelnews.ch.

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